Geschichte

Die Neuapostolische Kirche Westdeutschland entstand 2018 aus dem Zusammenschluss der Neuapostolischen Kirchen Nordrhein-Westfalen und Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland. Die Neuapostolische Kirche Nordrhein-Westfalen war eine der ältesten neuapostolischen Gebietskirchen. Ausgehend von einer kleinen Gemeinde mit etwa 50 Mitgliedern ist in rund 150 Jahren eine Kirche mit zeitweise mehr als 100.000 Mitgliedern in Nordrhein-Westfalen gewachsen. Die Neuapostolische Kirche Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland wurde 2001 gegründet.

 

Eine apostolische Bewegung entsteht

Die Wurzeln der Neuapostolischen Kirche reichen bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurück. Gläubige Christen unterschiedlicher Konfessionen beteten in England und Schottland um ein verstärktes Wirken des Heiligen Geistes. Auch Weissagungen traten auf. 1832 führte eine solche Weissagung dazu, dass der englische Rechtsanwalt John Bate Cardale, ein Mitglied der Anglikanischen Kirche, in das Apostelamt berufen wurde.

Bis 1835 wurden zwölf Apostel durch prophetisch begabte Personen gerufen und kirchliche Strukturen geschaffen. Das Kennzeichen der nun so genannten Katholisch-apostolischen Kirche war, dass an ihrer Spitze Apostel standen, die durch Handauflegung die Gabe Heiligen Geistes spendeten, um die Gläubigen für die bald erwartete Wiederkunft Christi zu bereiten.

Mitte des 19. Jahrhunderts reduzierte sich der Kreis der zwölf Apostel: Zwei Apostel stellten ihre Tätigkeit ein und ein dritter, Apostel Thomas Carlyle, verstarb im Jahr 1855. Als Versuche zur Ergänzung des Apostelkreises scheiterten und sich grundlegende Auffassungsunterschiede ergaben, kam es Anfang 1863 zur Trennung: Die Katholisch-apostolische Kirche sprach die Exkommunikation des Hamburger Gemeindeleiters Friedrich Wilhelm Schwartz aus.

Doch die „allgemeine apostolische Gemeinde zu Hamburg“ blieb zusammen. Sie betete weiter um die Vollendung der Kirche Christi und erhielt im Frühjahr 1863 durch Weissagung einen Apostel, den früheren Priester Karl Wilhelm Louis Preuß. Der Vorsteher der Gemeinde, Bischof Schwartz, stellte sich sofort unter die Hand des neuen Apostels. Das war die Geburtsstunde der Kirche.

Apostelversammlung in Albury Apostelversammlung in Albury

Entwicklung der Neuapostolischen Kirche

Ausgehend von der Gemeinde in Hamburg begann eine neue Gruppe von Aposteln ihre Tätigkeit. So wurde zum Beispiel Friedrich Wilhelm Schwartz Apostel für die Niederlande und Friedrich Wilhelm Menkhoff Apostel für Westfalen und das Rheinland. Weitere Apostelrufungen führten zunächst zur europaweiten, dann zur globalen Ausweitung der Kirche: 1900 waren bereits Apostel in Nord- und Südamerika, Afrika, Australien und Indonesien tätig.

So entstanden zahlreiche neue Gemeinden, die neuapostolische Gemeinden genannt wurden – zur Unterscheidung von den ersten apostolischen Gemeinden. Um 1930 verabschiedete man sich aber von dem Begriff „Gemeinde“. Seitdem wird die heutige Bezeichnung verwendet: „Neuapostolische Kirche“.

Theologisch wie organisatorisch wurde die Kirche von 1863 an von Aposteln geleitet. 1922 erfolgte die Gründung des Apostelkollegiums der Neuapostolischen Gemeinden Deutschlands, 1977 die Gründung des Internationalen Apostelbunds und – diesen ablösend – 1990 die Neuapostolische Kirche International mit Sitz in Zürich.

Stammapostel als Oberhaupt

Geistliches Oberhaupt der Neuapostolischen Kirche ist der Stammapostel, der als richtungweisend in theologischen Fragen und als Garant der kirchlichen Einheit gilt. Bis heute kennt die Neuapostolische Kirche neun Stammapostel: Friedrich Krebs, Hermann Niehaus, Johann Gottfried Bischoff, Walter Schmidt, Ernst Streckeisen, Hans Urwyler, Richard Fehr, Wilhelm Leber und, gegenwärtig, Jean-Luc Schneider.

Durch göttliche Führung und geistinspirierte Tätigkeit der Stammapostel und Apostel konnte sich in 150 Jahren eine weltweite Kirche mit 61.000 Gemeinden entwickeln. 254.000 Seelsorger kann die Kirche heute zählen – und nahezu neun Millionen Mitglieder.

Stammapostel Jean-Luc Schneider

Die Neuapostolische Kirche in Nordrhein-Westfalen

Der Grundstein für die Neuapostolische Kirche in Nordrhein-Westfalen wurde durch Friedrich Wilhelm Menkhoff gelegt. Im Jahre 1867 sandte ihn Apostel Friedrich Wilhelm Schwartz aus Amsterdam in seine westfälische Heimat, um hier eine erste Gemeinde zu gründen.

In Steinhagen bei Bielefeld fanden im Sommer 1867 die ersten Gottesdienste statt. Im Jahre 1872 empfing Menkhoff das Apostelamt und Nordrhein-Westfalen wurde damit zu einem selbstständigen Apostelbezirk. Ein Jahr später entstand in Duisburg-Ruhrort die erste Gemeinde im Rheinland.

Apostel Friedrich Wilhelm Schwartz Apostel Friedrich Wilhelm Schwartz

Der große Aufschwung der Neuapostolischen Kirche in Nordrhein-Westfalen setzte in den zwanziger Jahren mit der religiösen Freizügigkeit in der Weimarer Republik ein. Unter der umsichtigen Leitung von Stammapostel Hermann Niehaus wuchs der Apostelbezirk rasant, sodass er im Jahre 1926 in einen westfälischen und einen rheinischen Bezirk aufgeteilt wurde.

Das Dritte Reich und der Zweite Weltkrieg ließen den weiteren Ausbau der Neuapostolischen Kirche in Nordrhein-Westfalen stagnieren. Durch den großen Erfolg einer „Bausteinaktion“ junger neuapostolischer Christen konnten die im Krieg durch Bomben zerstörten Kirchen wieder aufgebaut werden.

Die historische Gemeinde Dortmund-Nord Die historische Gemeinde Dortmund-Nord

Nach den schrecklichen Erfahrungen der Kriegszeit suchten viele Menschen nach Gott und fanden den Weg in die Neuapostolische Kirche. Der große Zustrom neuer Mitglieder erforderte ein umfangreiches Kirchenbauprogramm in den sechziger und siebziger Jahren. 1955 trennte sich ein Teil des rheinischen Bezirks von der Neuapostolischen Kirche und bildete die Apostolische Gemeinschaft. Als Folge davon wurde der bislang eigenständige rheinländische Zweig in den westfälischen integriert.

Unter Stammapostel Schmidt begann in den sechziger Jahren eine vorsichtige Öffnung der bis dahin überwiegend deutschen Kirche. Es entstanden Bezirke und Gemeinden vornehmlich in Afrika und Südostasien. Die Mitgliederzahl verdoppelte sich in seiner Amtszeit auf eine Million.

Stammapostel Walter Schmidt 1965 bei seiner Ankunft in Kapstadt (Südafrika) Stammapostel Walter Schmidt 1965 bei seiner Ankunft in Kapstadt (Südafrika)

Unter Bezirksapostel Hermann Engelauf wurde der Apostelbezirk Nordrhein-Westfalen im Jahr 1981 in die weltweite Missionstätigkeit der Neuapostolischen Kirche einbezogen. Ausgehend von Portugal fuhren Seelsorger aus Nordrhein-Westfalen bald in weitere portugiesischsprachige Länder wie Brasilien in Südamerika und Angola in Afrika. Später kamen Russland sowie Länder auf dem Balkan und in Südostasien hinzu. Heute leben in Afrika mehr neuapostolische Christen als im Stammgebiet Nordrhein-Westfalen.

Bezirksapostel Hermann Engelauf Bezirksapostel Hermann Engelauf

Die Neuapostolische Kirche in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland

Am 30. Oktober 1864 wurde in Hamburg der Schlossermeister Johann Christoph Leonhard Hohl zum Apostel für Süddeutschland gerufen. 1865 zog er mit seiner Frau und acht Kindern nach Württemberg in seine Heimatstadt Weikersheim zurück. Im Jahre 1880 nahm er eine Anstellung als Schlossermeister in einer Metallhütte in Gießen an und hielt in seinem Haus erste Andachten und Gottesdienste. Große Unterstützung fand er in dem Evangelisten Georg Gustav Adolf Ruff, der aus Worms nach Gießen zog. Diese beiden Pioniere legten das Fundament der späteren Gebietskirche Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland.

1885 übersiedelte Apostel Hohl nach Frankfurt und konnte hier in seinen beiden letzten Lebensjahren eine kleine Gemeinde gründen. 1888 empfing Evangelist Ruff das Apostelamt anstelle des verstorbenen Apostels Hohl.

Apostel Hohl Apostel Hohl

1897 wurde in Mainz ein junger Mann namens Johann Gottfried Bischoff von Apostel Ruff versiegelt. Schon ein Jahr später bediente er als Priester nicht nur die Gemeinde in seinem Wohnort Mainz, sondern versorgte auch die Gläubigen in Wiesbaden, Frankfurt und hinauf bis nach Nordhessen. Nachdem Apostel Ruff dienstunfähig wurde, empfing Johann Gottfried Bischoff 1905 das Apostelhelferamt und wurde im Jahre 1906 zum Bezirksapostel für Süddeutschland ausgesondert. Als der greise Stammapostel Niehaus nach einem Nachfolger gefragt wurde, wies er auf Mose und dessen grünenden Stab hin. Dieser grünende Stab war J. G. Bischoff, den er 1920 zu seinem Helfer beauftragte und 1924 als seinen Nachfolger ins Stammapostelamt einsetzte.

Stammapostel Johann Gottfried Bischoff Stammapostel Johann Gottfried Bischoff

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Gemeinden im Saarland zunächst von Apostel Buchner, ab 1949 von der Schweiz und ab 1951 durch Apostel Chrétien Dauber aus Frankreich betreut. Nach dessen Ruhesetzung 1972 übernahm Bezirksapostel Bischoff die Betreuung der dortigen Gemeinden.

Als erster Bezirksapostel widmete sich Gottfried Rockenfelder ab den 50er Jahren intensiv der Missionsarbeit, vornehmlich in Nah- und Mittelost sowie in Nordafrika.

Nach der Ruhesetzung der Bezirksapostel Rockenfelder und Bischoff im Jahr 1984 wurden die von ihnen geleiteten Apostelbezirke zunächst von Bezirksapostel Klaus Saur betreut. Als dieser den neu gegründeten Bezirk Süddeutschland übernahm, empfing Apostel Hagen Wend am 10. Dezember 1995 das Bezirksapostelamt für die Gebietskirchen Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland. Zum 1. Januar 2001 fusionierten diese drei Bereiche zur neuen Gebietskirche Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland.

Zentralarchiv

Im Jahr 2012 wurde durch Bezirksapostel Armin Brinkmann das Zentralarchiv der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen gegründet. Es hat seinen Sitz in der profanierten Kirche Pulheim-Brauweiler und beherbergt heute die meisten historischen Unterlagen der Kirche. Unter anderem werden hier mehr als 1.500 Kirchenbücher und Taufregister verwaltet und beauskunftet. Dort sind zudem das Foto- sowie das Bild- und Tonarchiv zu finden. Teil des Zentralarchivs ist auch eine umfangreiche Bibliothek sowie eine kleine Ausstellung kirchenhistorischer Exponate. Seit 2018 ist das Zentralarchiv für ganz Westdeutschland zuständig.

Zentralarchiv der Neuapostolischen Kirche Westdeutschland
Alfred Krempf
Donatusstraße 15
50259 Pulheim

E-Mail: zentralarchiv@nak-west.de
Telefon: +49 2234 9899008

www.nak-zentralarchiv.de

Kirchenbuch mit dem Eintrag von Stammapostel Walter Schmidt Kirchenbuch mit dem Eintrag von Stammapostel Walter Schmidt