Dortmund. Zweieinhalb Jahre leitet Armin Brinkmann nun die Neuapostolische Kirche Nordrhein-Westfalen. Am 26. Juni 2005 ordinierte ihn Stammapostel Wilhelm Leber im Bundeshaus in Bonn zum Bezirksapostel und beauftragte ihn mit der Leitung der Gebietskirche. Im Interview hält der Kirchenpräsident Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr, äußert sich zu den Entwicklungen in der Gebietskirche und gibt einen Ausblick auf die Ereignisse in 2008.
Bezirksapostel, Sie leiten nun seit zweieinhalb Jahren die Neuapostolische Kirche Nordrhein-Westfalen. Wie war die Situation am 26. Juni 2005, der Wechsel vom Apostel zum Bezirksapostel? Wie sind Sie da herangegangen?
Gelassen. Die gleiche Zeit, die ich jetzt im Amt bin, war zuvor unser Stammapostel als Bezirksapostel für unsere Gebietskirche verantwortlich. Das waren ziemlich genau zweieinhalb Jahre. Nach der Zeit der Erkrankung von Bezirksapostel Horst Ehlebracht hatte sich eine gewisse Aufbruchstimmung in Nordrhein-Westfalen breit gemacht. Als ich dann Ende Juni 2005 sein Nachfolger als Bezirksapostel wurde, war es einfach, seine Arbeit fortzusetzen.
Damals kamen viele neue Themen auf Sie zu, in die Sie sich einarbeiten mussten. Haben Sie Überraschungen erlebt?
Überraschungen gab es nicht, dafür aber sehr viel Arbeit. Im Sommer 2005 lief ja auch die Gebietsstrukturreform, in der einige Bezirke neu strukturiert und aufgestellt wurden. Diese Entwicklung habe ich mit vielen Gesprächen und Erklärungen begleitet; da musste auch noch sehr viel im Detail erarbeitet werden. Das hat mir sehr geholfen, aus dem doch überschaubaren Rheinland, …
… Ihrem bisherigen Verantwortungsbereich als Apostel …
… in die etwas andere Größenordnung von Nordrhein-Westfalen und einen Teil Niedersachsens hineinzuwachsen. Daneben war es mir natürlich ein Anliegen, die vielen Arbeitsgruppen kennenzulernen, deren Existenz ich zwar kannte, mit denen ich aber nicht in jedem Fall etwas zu tun hatte. Mir ging es darum, mehr über die Arbeitsinhalte zu erfahren, die Strukturen zu sehen, auch die Schwestern und Brüder, die darin mitarbeiten, intensiver kennenzulernen. Weiterhin ging es darum, zu überlegen: Was ist sinnvoll, wie kann was in einer vernünftigen Weise weiter bearbeitet werden? Diese Arbeit begleitet mich eigentlich bis heute. Ich bin jetzt gerade mal mit allen Arbeitsgruppen, die wir auf seelsorgerischem, administrativem und verwaltungstechnischem Gebiet haben, ein Mal zusammen gewesen.
Wie hat sich in der Zeit von vor zweieinhalb Jahren bis jetzt das Leben verändert – im Tagesablauf, in der ganzen Planung?
Ich bin ja seit langem schon als Apostel tätig gewesen. Aber das Bezirksapostelamt hat von der Anforderung her schon eine ganz andere Dimension und das hat mich noch mal wesentlich stärker in die Arbeit eingespannt. Ich sehe mich einfach als mitarbeitenden Bezirksapostel auch hier in der Verwaltung. In meinem persönlichen Leben hat sich natürlich auch das eine und andere geändert. Da ist weniger Freizeit, die ich doch mal dem Sport gewidmet habe. Dazu komme ich im Moment fast gar nicht mehr. Ich habe weniger interkontinentale Reisen, dadurch fühle ich mich auch weniger körperlich belastet. Dafür habe ich mehr Reisen in etwas näher gelegene Missionsgebiete; aber im Vergleich zu den Reisen, die ich früher gemacht habe, sind das eigentlich eher Ausflüge. Insofern geht es mir gesundheitlich besser. Ich bin relaxt, gelassen und arbeite das ab, was ansteht.
Dann ist da noch die Missionstätigkeit, die ja in Ihrem Fall auch nicht mit der Ordination zum Bezirksapostel endete. Wie managen Sie den zeitlichen Aufwand?
Unsere Missionsarbeit ist natürlich ein sehr großer und wesentlicher Bereich. Wir haben mit Ablauf dieses Jahres ein weiteres Gebiet, Guinea-Bissau, hinzu bekommen, das ist nun das siebzehnte. Ich war als Apostel sehr stark vor allem in der portugiesischsprachigen Missionsarbeit tätig und bin das auch heute noch. Das musste umorganisiert werden. In der Verwaltung ist im Bereich der Kirchenleitung ein Sekretariat mit zwei Mitarbeitern entstanden, die zum einen die portugiesischsprachigen und zum anderen die nicht-portugiesischsprachigen Missionsgebiete betreuen. Das läuft sehr gut. Ich stelle auch dankbar fest, dass die seelsorgerische Selbstständigkeit in den Missionsgebieten, vor allem in den großen Bereichen wie Angola, Kap Verde, São Tome und auch Indien, zugenommen hat und die Apostel und Bischöfe dort mehr und mehr eigenständig arbeiten.
Sie haben lange Zeit in Gremien der Neuapostolischen Kirche International das Schulungsmaterial für die Kinderunterrichte erarbeitet. Gibt es im Moment noch aktive Tätigkeiten in NAKI-Arbeitsgruppen?
Da sind natürlich die Bezirksapostelversammlungen International und Europa, die zweimal jährlich stattfinden und jeweils einige Tage dauern. Dann sind wir aufgrund unserer früheren Tätigkeit in Russland noch in einem Gremium zusammen, welches sich „Vorstand Russland“ nennt. Hinzu kommen noch regionale Bezirksapostelversammlungen für Afrika und Asien, an denen ich teilnehme. Die Arbeit der früheren Projektgruppe „Kinder und Jugend“ und der späteren Projektgruppe „Lehrmittel Kinder“ ist zu Ende. Die Projektgruppe wird derzeit neu aufgestellt. Ansonsten beschränkt sich meine Tätigkeit auf die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe „Kirchenstrategie“, in die mich Stammapostel Leber berufen hat und die sich mit der strategischen Ausrichtung der Kirche auf die Zukunft hin beschäftigt.
Nach Ihnen gab es noch weitere Wechsel im Bezirksapostelkreis, gerade hier in Europa. Da ist der Wechsel von altgedienten Bezirksaposteln, die viele Jahre im Amt waren, hin zu auch teilweise sehr jungen Bezirksaposteln. Wie beeinflusst das die Arbeit in der Bezirksapostelversammlung und auch die Strategie der Kirche?
Die Bezirksapostel kommen altersmäßig aus verschiedenen Generationen. In den letzten Jahren wurden einige neue Bezirksapostel ordiniert, die schon im fortgeschrittenen Alter sind. Zu denen zähle ich mich auch. Die offene, kommunikative und brüderliche Art und Weise des Stammapostels, wie er über Dinge spricht, hat zu einer intensiven Gesprächskultur, zu einem intensiven Austausch geführt. Das hat uns Bezirksapostel sehr geeint. Alle Dinge können offen angesprochen und besprochen werden, wir suchen Lösungen und bemühen uns natürlich, die Kirche immer zeitgemäß für die Anforderungen aufzustellen, die die Verhältnisse der Zeit, in der wir leben, mit sich bringen.
In den letzten zweieinhalb Jahren haben Sie viele neue Impulse für Aktionen in der Arbeit in Nordrhein-Westfalen gesetzt. Da ist KiGo_10-14, da sind Auftaktgottesdienste, die Bezirkssonntage sind ein Begriff … wie sind die Erfahrungen in der Gebietskirche?
Das sind grundsätzlich keine Dinge, die ich mir auf die eigene Fahne schreiben möchte. Das sind Ideen und Impulse, die entweder schon unser Stammapostel begonnen oder angeregt hat oder die aus dem Kreis unserer Apostel stammen. So hat sich der KiGo_10-14 sehr schön umsetzen lassen und ist heute etabliert. Es ist für die Kinder gerade in diesem Alter wichtig, eine hohe Bindung an die Kirche zu erzielen, sie in erwachsenengerechte Gottesdienste hineinzuführen und trotzdem etwas Interaktionen zu gewährleisten. Das Projekt ist ein Erfolg. Wir müssen aufgrund der reduzierten Kinderzahlen sicherlich auch unsere Unterrichtsformen noch einmal auf den Prüfstand stellen und denken darüber nach, in Flächenbezirken, wo wir also relativ wenige Ressourcen haben, Blockunterricht anzubieten. Ein regelmäßiger Kindergottesdienst für Sechs- bis Neunjährige wird ebenfalls besprochen.
Eine Konsequenz der Kindergottesdienste sind auch die Bezirkssonntage …
Die Bezirkssonntage sind aus dem Gedanken geboren worden, dass wir die Gemeinden stärken wollen und dann alle Aktivitäten in den Bezirken auf einen Sonntag konzentrieren. Das ist vom Ansatz her eine sehr gute Idee. Wir stellen aber leider fest, dass die Teilnehmerzahlen des Bezirkssonntags doch geringer sind als zu den normalen Gemeindesonntagen. Das tut mir ein bisschen weh. Ich wollte unter keinen Umständen den Eindruck vermitteln, dass, wenn vor Ort der Gottesdienst ausfällt und dafür in einer Nachbargemeinde stattfindet, dies für die Gemeinde ein freier Sonntag ist. Eigentlich ist der Bezirkssonntag ein Angebot an die Geschwister, Gemeinschaftspflege in einem größeren Rahmen zu erleben. Das andere, was natürlich verstärkt läuft, sind Gesprächskreise unterschiedlichster Art und Weise. Das wollen wir weiter verstärken, auch dadurch, dass wir Bibelkreise anbieten und auch in weiteren Bereichen miteinander kommunizieren.
Es gibt in Nordrhein-Westfalen seit einiger Zeit Gottesdienste für bestimmte Gruppen: Kinder, Jugendliche, Lehrkräfte, Trauernde … 2008 steht das Mittelalter im Fokus. Sind weitere Gruppen im Gespräch?
Gottesdienste für einzelne Gruppen sind eine völlige Selbstverständlichkeit in unserer Kirche. Sie bieten Möglichkeiten, haben zweifellos auch Grenzen. Ich habe mal scherzhaft gesagt, dass wir sicherlich keine Gottesdienste für Rotwein trinkende Brillenträger oder so etwas anbieten. Das wäre völlig verfehlt. Wir haben grundsätzlich Jugendgottesdienste, Kindergottesdienste, Seniorengottesdienste. Das hat nie in Frage gestanden. Dass wir darüber hinaus auch für Sondergruppen Gottesdienste anbieten, wie zum Beispiel für behinderte Geschwister und ihre Angehörigen, für Trauernde, für Geschwister in besonderen Verhältnissen, für Alleinlebende, und dann auch den viel diskutierten Bikergottesdienst - darin sehe ich überhaupt kein Problem. Darüber hinaus sehe ich im Moment kaum Gruppen, die wir zusätzlich besonders per Gottesdienst betreuen sollten. Und eins ist natürlich klar: Neben dem Sondergottesdienst ist immer auch die Integration in eine Gemeinde notwendig. Das gilt für unsere gehörlosen Geschwister, das gilt für jede Gruppe. Aber es gibt natürlich auch Grenzen für die Integration, wenn ich beispielsweise an die Tätigkeit unserer Seelsorger in den Justizvollzugsanstalten denke. Diese Glaubensgeschwister und Gäste müssen wir da besuchen und bedienen, wo sie einsitzen. Für diese Gruppe werde ich Ostern 2008 einen Gottesdienst halten.
Sie haben im Jahr 2006 das Projekt „Unternehmerforum“ gestartet. Dieses Jahr gab es zwei Treffen in diesem Kreis der Unternehmer, Freiberufler und leitenden Angestellten. Wie sehen Sie die Zukunft des Unternehmerforums?
Das bleibt noch abzuwarten. Zunächst war das eine Idee, zu der ich nach wie vor stehe: Sich einer Sondergruppe zu widmen, die in vielfältigen Fragestellungen und Problemstellungen steht und dabei auch Antworten von der Kirche erwartet. Es war mir aber von Beginn an wichtig, das Unternehmerforum nach dem Start zu verselbstständigen. Inzwischen bin ich nur noch beiratend tätig. In dem im Mai gegründeten Verein hat sich eine ganze Menge Engagement im Vorstand sowie in den mitarbeitenden regionalen und zentralen Kreisen entwickelt. Ich denke, wenn die weiteren Angebote so gut sind wie auf der letzten Sitzung, dann wird das Unternehmforum auch weiter gut laufen.
Vor allem zu Beginn gab es einige Kritik an dem Projekt.
Das Unternehmerforum ist unter anderem deshalb in der Kritik gewesen, weil wir uns einer Gruppe zugewendet haben, von der man annimmt, dass sie eigentlich sorgenfrei im Luxus lebt. Aber das ist bei weitem nicht der Fall. Unternehmer und Freiberufler haben genauso ihre Schwierigkeiten, auch wirtschaftlicher Art, wie alle anderen. Dass wir darüber hinaus uns auch in besonderer Weise Geschwistern in wirtschaftlich schwierigen Situationen zuwenden, ist gar keine Frage. Wir unterstützen auch sie und helfen ihnen. Ein konkretes Projekt gehen wir im kommenden Jahr an. Mitte Februar startet eine Initiative für arbeitslose und arbeitsuchende Geschwister. Das wird in Gemeinschaftsarbeit mit dem Team des „Waltroper Forums“ geschehen, sodass wir uns auch dieser großen Gruppe notleidender Geschwister in besonderer Weise zuwenden.
Im Sommer haben Sie eine Befragung der Mitglieder gestartet. In verschiedenen Bezirken wurden Geschwister und auch Amtsträger befragt. Was waren für Sie die zentralen Erkenntnisse aus dieser Untersuchung?
Für mich war wichtig, und das war der Ausschlag gebende Punkt für die Befragung, ob Informationen, die mir zu Ohren kommen, repräsentativ oder nur Einzelstimmen sind. Wir haben durch die Befragung erfahren, dass die Lage der aktiven neuapostolischen Nation in Nordrhein-Westfalen und dem Teil von Niedersachsen, den wir betreuen, gut ist. Das will ich einfach mal so allgemein sagen: Sie ist gut. Wenn wir eine Gesamtzufriedenheit der aktiven Mitglieder von achtzig Prozent haben, dann stellt das zunächst zufrieden. So können wir unsere Arbeit auf die fokussieren, die nicht zufrieden sind und die wir gewinnen wollen, die wir motivieren wollen, denen wir einfach sagen wollen: Wir tun das, was in unseren Kräften steht, um euch zufrieden zu stellen. Dass das nicht in jedem Fall vollumfänglich möglich ist, weiß jeder, der in der Seelsorge tätig ist. Wir haben auch festgestellt, und das halte ich für ganz wesentlich, dass eigentlich die Geschwister mit dem, was bei ihnen seelsorgerisch ankommt, mehr zufrieden sind als die priesterlichen Ämter mit dem, was sie seelsorgerisch leisten können. Das zeigt natürlich so ein bisschen das Spannungsfeld, in dem ein Seelsorger heute lebt. Das gilt nicht nur für die Priester, sondern sicherlich auch für viele Diakone: Das Spannungsfeld zwischen der eigenen Person, der Familie, dem Beruf und der Mitarbeit im Werke Gottes ist eins, in dem jeder einen möglichst spannungsfreien Platz suchen muss. Das ist abhängig von der persönlichen Gesundheit, von der beruflichen Belastung, von der Familienstruktur, in der jemand lebt. Aber es ist mir ein Anliegen, jedem die Möglichkeit zu geben, möglichst gelassen und stressfrei und zur eigenen Zufriedenheit die Mitarbeit im Werke Gottes zu gestalten.
Zu den Unzufriedenen muss man ja auch die distanzierten Mitglieder zählen, die nicht befragt worden sind. Gibt es da Ideen, Initiativen, auch diese Gruppe noch einmal gesondert anzusprechen?
Ja, zweifellos. Das ist eigentlich die größte Herausforderung, der wir uns in der kommenden Zeit zu stellen haben. Das sind einmal diejenigen, die sich im Laufe eines Jahres distanzieren und es sind die, die sich bereits distanziert haben. Man kann eigentlich den globalen Ansatz wählen, dass wir einer Distanzierung entgegenwirken müssen und die Distanzierten zurückzuholen versuchen. Wir werden im Kreis der Apostel und Bischöfe Maßnahmen besprechen, wir werden Maßnahmen ergreifen. Ich habe den Amtsträgern und Geschwistern geschrieben, dass im Jahr 2008 ein zentraler Punkt unserer Arbeit auf Bezirks- und Gemeindebene liegt. Ich verspreche mir davon, dass wir nicht nur den Geschwistern sagen, macht dies, macht jenes, sondern dass wir in den Gemeinden zu Aktivkreisen kommen, die sich überlegen: Wie können wir die Wohlfühltemperatur unserer Gemeinde erhöhen und welches Wohlfühlprogramm können wir starten? Unser Stammapostel hat in dem Leitartikel des Kalenders „Unsere Familie“ dazu auch ein paar Informationen gegeben. Wenn sich dabei jeder aktiv einbringt, bin ich sehr sicher, dass wir weiterer Distanzierung entgegenwirken und wir die Attraktivität der Gemeinde erhöhen.
Ein Ergebnis der Demografieuntersuchungen ist ja auch, dass sich gerade in der Jugendzeit mehr junge Leute als früher von der Kirche distanzieren. Wie kann man dem entgegenwirken?
Auch darüber werden wir noch mal in Ruhe sprechen müssen. Das ist ein grundsätzliches gesellschaftliches Problem. Hinzu kommt, dass die Jugendlichen sich sehr stark mit Ausbildung, Studium und Freizeitangeboten beschäftigen und eigentlich immer weniger nach Gott fragen. Solche allgemeinen Entwicklungen gehen auch an unserer Kirche nicht vorüber. Aber wir müssen kirchennahe, jugendspezifische Angebote schaffen, die den Jugendlichen ansprechen und ihm helfen, sich mit unserer Kirche zu identifizieren. Ganz wichtig dabei ist die Kommunikation. Wir müssen frühzeitig feststellen: Was bewegt den Jugendlichen und wie können wir ihn – ich will gar nicht sagen an die Kirche – sondern an Gott und an Jesus binden und ihm immer wieder eine Hilfestellung geben, sich mit dem Sinn des Lebens zu beschäftigen.
Es gab sehr viele Untersuchungen zur Demografie. Wir haben ein Problem in unserer Gesellschaft: Überalterung. Demotiviert Sie das, wenn Sie sehen, dass immer weniger Glaubensgeschwister in der Kirchenbank sitzen?
Darin liegt sicherlich eine Gefahr. Wir sollten aber nicht die Demografie zur Seite schieben, nur weil sie negative Ergebnisse für die Zukunft prognostiziert. Wichtig ist, dass die Probleme erst mal in den Köpfen ankommen. Dann kann man mit dem Herzen und mit der Seele überlegen, was man dagegen tut und wie man sich einstellt. Das Ziel des Stammapostels, freudige und kräftige Gemeinden zu bilden, bedarf einer permanenten Begleitung, und führt auch sicherlich dazu, dass wir weitere Gemeinden zusammenlegen müssen. Aber grundsätzlich demotivierend wirkt das auf mich nicht; ganz im Gegenteil. Ich finde, das ist eine große Herausforderung, der wir uns zu stellen haben und in der wir auch beim richtigen Angehen der Probleme schon erste Erfolge erzielt haben. Es ist oftmals so, wenn Gemeinden zusammengelegt worden sind und der schmerzhafte Prozess der Zusammenlegung vorbei ist, dass sich eine ganze Menge Energie in dem größeren Kreis entwickelt, der auch zu größerer Freude führt.
Ab und zu kommt das Gerücht auf, dass es Vorgaben der Kirchenleitung für die Apostelbereiche gibt, so und so viele Gemeinden zu schließen.
Das ist Unsinn. Wir prüfen jeden Einzelfall sehr gewissenhaft. Wir haben Stadtbezirke, wir haben Flächen- und Landbezirke, die müssen sehr unterschiedlich betrachtet werden. In den großen Ballungszentren betrachten wir den Bezirk und seine Gemeinden, in den geografisch eher ländlichen Bezirken betrachten wir wirklich jede Gemeinde. Ziel ist, in jedem Ort auch künftig vertreten zu sein.
Gibt es denn einen Zeitplan?
Es gibt sicherlich einen Zeitplan. Wir werden uns bis Mitte des Jahres Gedanken darüber machen. Dazu ist eine Klausurtagung im Kreis der Apostel geplant, bei der wir uns anschauen wollen, wie sich nach den gegenwärtigen Erkenntnissen die Situation der einzelnen Bezirke darstellt. Ein Ergebnis werden wir dann Ende 2008 oder Anfang 2009 kommunizieren. Das benötigt Zeit, weil die Dinge sehr gewissenhaft durchdacht werden müssen.
Das Ziel ist also eine vorausschauende Planung?
Richtig. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder erlebt, und erleben das auch heute noch, dass plötzlich eine Gemeinde fusioniert wird und damit eine Kirche zur Disposition steht, die vielleicht vor drei oder vier Jahren für viel Geld umgebaut oder gar neu erworben worden ist. Das ist nicht gut und muss in der Zukunft vermieden werden. Gerade bei der Aufstellung unseres Bauetats müssen wir wissen und hinterfragen, ob die Gemeinde ein bestandskritischer oder sicherer Standort ist. Insofern sind wir da schon sehr dicht am Thema und auch zeitnah dabei, klare Strukturen für die Zukunft zu entwickeln.
Seit einiger Zeit ist die Rede davon, dass sich die Neuapostolische Kirche von einer Wortkirche zur Schriftkirche wandelt. Wie wird das die gesamte Seelsorge, auch die Seelsorge am Seelsorger verändern? Gibt es da Visionen?
Wir leben – Gott sei Dank – nicht mehr in der Zeit, in der der Begriff „Theologie“ ein Schimpfwort war. Früher wurde hin und wieder die Ansicht vertreten: Wir sind eine Wort- und Laienkirche und brauchen uns eigentlich nur auf die Wirksamkeit des Heiligen Geistes zu verlassen, alle weiteren Kenntnisse sind nicht so sehr wichtig. Wir leben weiter in der Seelsorge vom gesprochenen Wort, das ist gar keine Frage. Da werden auch mal Fehler auftreten, das ist jedem passiert, das passiert mir heute auch noch. Aber wenn etwas geschrieben wird, dann muss es richtig sein. Wir veröffentlichen sehr viel für unsere Kinder, für die Jugend, für unsere Geschwister. Ich erwähne in dem Zusammenhang auch das Buch „Der Katechismus der Neuapostolischen Kirche“, welches erarbeitet wird. Zur Erarbeitung eines solchen Katechismus, zur Schärfung und Profilierung unserer Lehre ist es einfach wichtig, dass auch Fachleute und Theologen an der Ausarbeitung beteiligt sind, die wirklich wissen, über was gesprochen wird. Das dient dazu, unsere Kirchenlehre entsprechend klar und deutlich zu fassen. Insofern denke ich, dass der Begriff „Theologie“ nicht eine direkte Einwirkung auf die Seelsorge hat. Das ist weiter eine Arbeit, die mit Herz und Seele durchgeführt wird. Aber für die Aufstellung und Darstellung der Kirche, sind einfach theologische Inhalte und Begriffe zu beachten und dafür haben wir ausreichend Fachleute.
2008 ist das Jahr der Gemeinden. Dann kommt 2009 der Europa-Jugendtag, eine neue große Aktion und Herausforderung für die Gebietskirche. Schaffen wir das?
Wenn ich nicht sicher wäre, dass wir es schaffen würden, hätte ich es nicht angefangen. Ich bin wirklich sehr dankbar, dass wir hervorragende Fachleute haben, die sich unglaublich einsetzen, die motiviert sind, die fachlich qualifiziert sind. Der Europa-Jugendtag ist sicherlich ein sehr großer Event, etwas, was zum ersten Mal in dieser Größe auf europäischem Boden stattfindet. Wir sind Gastgeber, die LTU arena befindet sich in Düsseldorf. Wir werden also sicherlich den größten Teil der Arbeit zu erledigen haben. Aber es ist eine Arbeit, die durch ein Team aller europäischen Gebietskirchen vorbereitet wird. Ich freue mich riesig darauf und bin sehr dankbar, dass dieses Team funktioniert und wir schon eine ganze Menge inhaltlich erarbeitet haben.
Und dann werden 2010 Essen und das Ruhrgebiet zur europäischen Kulturhauptstadt.
Um das Thema Kulturhauptstadt kümmert sich derzeit eine Arbeitsgruppe, mit der ich vor ein paar Wochen zusammen war. Auch da haben sich sehr viele engagierte Schwestern und Brüder angemeldet, die mitarbeiten. 2010 wird sicherlich der Stammapostel ins Ruhrgebiet kommen, soviel steht fest. Da könnte ich mir auch vorstellen, dass die Bezirksapostel oder auch Apostel und Bischöfe aus Europa hier im Ruhrgebiet Gottesdienste halten. Wir planen auch etwas Neues, was es zuvor bei uns in Nordrhein-Westfalen noch nicht gegeben hat: Einen Kirchentag unserer Gebietskirche.
Nun steht aber erst einmal das nächste Jahr an. Worauf freuen Sie sich besonders in 2008?
Ich freue mich ganz besonders darauf, in 2008 die Hilfe Gottes zu erleben, erneut mit Freude zu arbeiten, Kraft zu haben, gesund zu bleiben und – worauf ich mich ganz besonders freue – sind die angesagten Gottesdienste unseres Stammapostels. Das sind immer Höhepunkte für unsere Gebietskirche und das sind Gottesdienste, die einfach in die Länge wirken.
Sie wollen auch vermehrt Gottesdienste in kleineren Gemeinden halten?
So wie es möglich ist. Aber mein Plan ist eigentlich fertig, wobei ich auch erklärend dazu sage: Ich gebe eigentlich nur vor, wann ich in welchen Bezirken bin. Ob das ein Gottesdienst in einer Halle, in einer Kirche, in einer großen oder kleinen Gemeinde ist, legt der Apostel mit den jeweiligen Bezirksämtern fest.
Was sind Ihre Wünsche für 2008?
Meine Wünsche will ich in die Worte kleiden, die in der Heiligen Schrift stehen: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt“ (Markus 9,23). An anderer Stelle hat Jesus gesagt: „Und euch wird nichts unmöglich sein“ (Matthäus 17,20). In diesem Bereich wollen wir miteinander in die Arbeit gehen und ich wünsche, dass sich alle Glaubensgeschwister wohlfühlen in den Gemeinden, den Herrn erleben und aus den Erlebnissen und Begegnungen viel Kraft für die Seele schöpfen.
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