Dortmund. Aus Anlass von 25 Jahren Orchestermusik in der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen fand am Sonntag, 10. Dezember 2005, ein Jubiläumskonzert in Velbert statt. Zur Geschichte der Orchestermusik referierte Apostel i. R. Hermann Magney in der Pause des Konzertes.
Oft seien Wünsche und Visionen der Beginn von Entwicklungen und großen Werken, begann der Apostel seine Rede verheißungsvoll. Nicht anders habe die Entwicklung hin zum heutigen Stand der Orchestermusik in Nordrhein-Westfalen begonnen. Der Wunsch des damaligen Bezirksapostels Hermann Engelauf, zum nordrhein-westfälischen Jugendtag 1981 ein Orchester aus einer der benachbarten Gebietskirchen einzuladen habe den Ausschlag gegeben, erinnerte sich Apostel Magney.
Bei den Überlegungen, welche Gruppe von Musikern man denn wohl einladen könne, hatte Friedhelm Deis – von Beruf Schulmusiker und seinerzeit als Studiendirektor an einem Hattinger Gymnasium und als Leiter der städtischen Musikschule Hattingen tätig - die Idee, doch selbst ein Orchester auf die Beine zu stellen. So seien Wunsch und Vision zusammengekommen und hätten sich gegenseitig befruchtet..
Premiere mit 70 Musikern
Bezirksapostel Hermann Engelauf konnte mit Friedhelm Deis den kompetenten Fachmann gewinnen, der dieses gewünschte NRW-Sinfonieorchester aufbauen sollte. Es begann mit der Einladung von Musikern.
Niemand hätte genau gewusst, wie viele der Einladung folgen würden und mit welchen Qualifikationen sich die Interesseneten vorstellen würden. Zur Eröffnungsveranstaltung nach Essen-Mitte seien dann auf Anhieb so viele Instrumentalisten gekommen, dass Deis sofort mit der musikalischen Gründertätigkeit beginnen konnte. Zum NRW-Jugendtag im Juni 1981 in der Westfalenhalle zu Dortmund gab es dann die Premiere dieses mit 70 Musikern auftretenden Orchesters.
Da die Chormusik in den Gemeinden und Bezirken über Jahrzehnte gepflegt war und sich längst etabliert hatte, gab es keine Probleme, Chöre zusammenzustellen, mit denen das Orchester gemeinsam musizieren konnte. „Sängerinnen und Sänger hatten wir genug!“, so erinnerte sich Apostel Magney.
Zellteilung führt zu Wachstum
Sofort nach dem 1981er Jugendtag wurde das große Orchester geteilt in ein Ost- und ein West-Orchester. Mit Hilmar Krause als Leiter des zweiten Orchesters kam ein weiterer Musikpädagoge ins Feld. Auch er war als Studiendirektor an einem Gymnasium tätig. Auch er war Leiter einer städtischen Musikschule - und das alles nicht weit von Hattingen, nämlich in Heiligenhaus.
Zur Adventszeit 1981 veranstalteten die beiden Orchester bereits je zweimal ein „Adventssingen für Gäste“, wie sie damals genannt wurden und traten damit sogleich in die Öffentlichkeit. Eines davon fand fast auf den Tag genau vor 25 Jahren - am 9. Dezember 1981 – hier in Velbert Mitte statt unter der Leitung von Hilmar Krause.
Immer mehr Orchestermitglieder kamen hinzu, sodass 1982 eine weitere „Zellteilung“ vorgenommen wurde. Ein drittes NRW-Sinfonieorchester kam hinzu, die Leitung übernahm der damals 28jährige Musikpädagoge Wolfgang Lack, der in den folgenden Jahren ein nie ermüdender Impulsgeber für die Entwicklung der Musik in der Kirche wurde.
Nachwuchsförderung nicht vergessen
Man machte sich auch Gedanken um die Nachwuchsförderung. Nicht alle Instrumentalisten wiesen die erforderliche Qualifikation auf. So entstanden acht Vororchester, die sich um die Heranführung der Spielerinnen und Spieler zu Orchesterreife kümmerten.
Nach diesem gelungen Beginnen wurde der Wunsch wach, in jedem der 32 Bezirke ein funktionierendes Orchester zu installieren. Doch dazu waren nicht alle Bezirke personell in der Lage, so dass nach und nach Bereichsorchester gegründet wurden. Dazu konnten die mittlerweile in notwendiger Qualität musizierenden Vororchester aufgelöst werden. 12 Bereichsorchester in 1984 und 17 Bereichsorchester in 2005 - so hatte sich die Orchesterlandschaft in NRW entwickelt.
Gründung der Jugend-Sinfonieorchester
In 2004 kamen zwei Jugend-Sinfonieorchester dazu. Vater des Gedankens war, zu den Jugendtagen ausschließlich mit jugendlichen Musikern zu musizieren, waren doch die Mitglieder der Bereichsorchester mittlerweile auch „in die Jahre gekommen“. Mit Stefan Vis, ebenfalls einem Musikpädagogen, konnte ein engagierter Dirigent gefunden werden. Auch ein Blasorchester hatte sich mittlerweile gebildet. Und als Projekt ist in diesen Tagen ein Senioren-Sinfonieorchester gegründet worden. Mit der Leitung beauftragt ist Hilmar Krause. Seine Premiere soll das Orchester geben zum NRW-Seniorentag im Juni 2007 in der Arena des CentrO in Oberhausen.
Aus dem Orchesterprojekt Jugendtag 1999 entsteht confido camerata
Ebenfalls aus der vor 25 Jahren begonnenen Arbeit mit Orchestern ist 1999 das Orchester confido camerata hervorgegangen. Engagierte junge Amateure, Musikstudenten und professionelle Musiker aus Nordrhein-Westfalen waren dem Aufruf gefolgt, zum Jugendtag 1999 an einem Orchesterprojekt mitzuarbeiten. Bruder Bodo Saborowski, ebenfalls Musikpädagoge - wie nicht anders zu erwarten - hatte die Leitung übernommen. Während der intensiven Probenarbeit und bei den Aufführungen am Jugendtag selbst war soviel musikalische Substanz entstanden, die es ermöglichte, dass dies Projekt seine Projektzeit überlebte. So kam es im Herbst 1999 zur Gründung des Orchesters confido camerata durch Bodo Saborowski.
Bezirksstrukturreform NRW tangiert auch die Orchesterlandschaft
Durch die in 2005 in NRW durchgeführte Bezirksstrukturreform hat sich auch die regionale Musiklandschaft neu formieren müssen. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Zurzeit gibt es 13 Bereichsorchester. Ziel bei der Neuorientierung ist es, die Orchesterzuordnung je Apostelbereich zu gewährleisten.
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Hilmar Krause im Interview
Dortmund. Im Rahmen des Jubiläumskonzertes anlässlich 25 Jahre Orchestermusik NRW am 10. Dezember 2006 in Velbert konnte Günter Lohsträter für nak-nrw.de ein Interview mit Hilmar Krause führen. Seit über vierzig Jahren ist er als Dirigent und geschätzter Musikexperte in Diensten der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen ehrenamtlich tätig. Nach dem Konzert gab er auf die Fragen von nak-nrw.de bereitwillig Auskunft.
G.L. Herzlichen Dank zunächst für das gelungene Jubiläumskonzert. Im Programm war zu lesen, dass an demselben Ort mit einem Chor aus denselben Gemeinden, mit demselben Orchester und unter derselben Leitung in etwas dasselbe Programm aufgeführt wurde, wie vor 25 Jahren.
Wie viele Musiker aus der Zeit von vor 25 Jahren sind denn außer Ihnen als Dirigent noch aktiv in Chor und Orchester tätig? Wie ist insgesamt die Entwicklung der Aktiven in Ihren Ensembles?
H.K. Mit gut 40 Musikern war dieses Bereichsorchester bereits zu Beginn vor 25 Jahren das größte in NRW. Damals machten die Bezirke Velbert und Wuppertal noch gemeinsam den Bezirk Wuppertal aus. Und es ist wohl noch heute so, dass das jetzige Velberter Orchester das einzige ist, das seine Musiker aus einem einzigen Bezirk rekrutiert.
Zehn aktive Orchestermitglieder sind noch dabei, die auch schon vor 25 Jahren mitgewirkt haben. Die anderen haben sicherlich als Zuhörer das heutige Konzert erlebt. Im Bereich der Gemeindechöre sind noch mehr Aktive aus jener Zeit dabei. So etwa dreißig Sängerinnen und Sänger müssten das sein. Der Chor ist aber insgesamt von einst 120 Mitgliedern auf knapp 80 geschrumpft.
G.L. Sie waren von Anfang an dabei. Erinnern Sie sich noch an die Beweggründe, die zur Orchestergründung führten? Wie haben Sie die Musiker zusammengerufen?
H.K. Ich kam erst etwa ein halbes Jahr später dazu. Doch ich weiß, dass der Wunsch von der Kirchenleitung ausging. Orchestermusik zu einem der traditionellen Jugendtage in der Westfalenhalle war gefragt. Und bei den Überlegungen, woher denn welches Orchester auszuleihen sei, kam die Idee von Friedhelm Deis, doch in NRW "etwas Eigenes" auf die Beine zu stellen. Bezirksapostel Hermann Engelauf war sofort von dieser Idee angetan.
Dann begann es mit den üblichen Wegen über die Bekanntmachung dieses Wunsches in den Gemeinden hin bis zu einer Einladung zu einer ersten Probe nach Essen-Mitte. Friedhelm Deis konnte zu dieser ersten Orchesterprobe über 70 Musiker begrüßen.
Ich kam zu dieser Arbeit erst nach dem Jugendtag 1981, wo das Orchester seine Premiere gefeiert hatte. Und zwar, als das Orchester in ein West- und ein Ost-Orchester aufgeteilt wurde und ein zweiter Orchesterleiter gebraucht wurde.
G.L. Von Friedhelm Deis ist mir bekannt, dass er Schulmusiker war, an einem Hattinger Gymnasium tätig war und die Musikschule Hattingen zu einer festen Größe in seiner Stadt geformt hat. Ihr musikalisches Engagement ist sicher genauso gut fundiert. Geben Sie unseren Lesern doch bitte ein paar detaillierte Infos über sich!
H.K. Das ist ganz interessant. Man könnte Hattingen durch Heiligenhaus ersetzen - und schon wäre meine Geschichte erzählt. Kurzum: Ich bin nach meinem Musikstudium an der Musikhochschule in Köln auch an einem Gymnasium - in Heiligenhaus halt - als Musikpädagoge tätig gewesen. Nebenamtlich war ich mit dem Aufbau der Musikschule der Stadt Heiligenhaus beschäftigt. Später wendete sich die Gewichtung der Tätigkeit. Ich übernahm die Leitung der Musikschule der Stadt Heiligenhaus mit zuletzt 900 Schülerinnen und Schülern und war nebenamtlich am Gymnasium tätig.
G.L. Als "Stimme des Jugendtags" sind Sie zumindest der jüngeren Generation in NRW bekannt. Wie kamen Sie zu diesem Titel?
H.K. Das hing offenbar mit meiner Tätigkeit zusammen, an Jugendtagen die Ansagen der musikalischen Beiträge während der Festgottesdienste und der Feierstunden gemacht zu haben. Die Gruppe von Jugend-Online hat mich dann eines Tages so genannt. Und ich habe den Titel gerne angenommen.
G.L. Hilmar Krause und NRW Jugendtage - wie gehört das zusammen?
H.K. Sicherlich ist da ein Zusammenhang zu sehen, dass die Orchestermusik in NRW ja in seiner Entstehung auf einen Jugendtag zurückgeht. Seit Beginn dieser Arbeit haben Apostel Magney und ich - wenig später kam Wolfgang Lack dazu - jeweils die Musikprogramme für die Jugendtage zusammengestellt, Probentermine organisiert, Chöre eingeladen, die Orchester ausgewählt und was noch alles damit zusammenhing. So kam es zu dieser engen Verflechtung.
G.L. Gab es damals schon so etwas wie ein Musikteam in NRW? Oder ist das erst eine Erfindung neuerer Zeit?
H.K. Ein Team in der Ausprägung wie heute war es zu Beginn sicherlich nicht. So wie ja auch erst die Gewichtung der Musik und ihre Wertschätzung für den Gottesdienst und andere kirchliche Veranstaltungen in der Breite wachsen musste, ist auch erst im Laufe der Zeit solch ein Gremium gewachsen. Zu dritt ist es 1984 begonnen mit Apostel Magney, Wolfgang Lack und mir. Musikkommission NRW nannten wir uns. Apostel Magney war der Leiter dieses Gremiums - wenn man so will - und Wolfgang Lack war für die Chöre und ich für die Orchester zuständig. Das ist dann gewachsen. Die Fachberater Musik in den Bezirken und je Apostelbereich kamen dazu. Erste Dirigentenkurse wurden angeboten, Schulungsdirigenten ausersehen und so weiter und so weiter. Sie sehen, wir haben diese Arbeit nicht auf dem Reißbrett entworfen und dann in die Praxis umgesetzt, sondern sie ist gewachsen aus den täglichen Erfahrungen und auch aus der Erkenntnis, das eine gewisse Professionalisierung nötig ist, um auf Dauer den Ansprüchen von Musik in der Kirche gerecht zu werden.
G.L. Das ist sicher eine interessante Entwicklung, die ja auch noch nicht abgeschlossen ist.
H.K. Natürlich. Jetzt ist ein Musikteam tätig, das die Arbeit fortsetzt, nachdem Apostel Magney und ich nach langjähriger Tätigkeit in dieser Arbeit die Aufgaben in jüngere Hände gelegt haben.
G.L. Eine Frage grundsätzlicher Art möchte ich noch stellen. Wie stellen Sie sich Qualitätssicherung - Qualitätssteigerung auf musikalischem Gebiet, und hier vor allem bei der Orchestermusik vor. Gibt es da einen Diskrepanz zwischen - ich will das mal mit einem anderen Bild beschreiben - "Spitzensport" und "Breitensport"?
H.K. Das ist ein ganz besonderes Problemfeld, gewiss. Ich persönlich - ich bin Schulmusiker - lege den Schwerpunkt mehr auf die breite Arbeit in den Bezirken. Keine Elitechöre, keine Eliteorchester! Jeder der mag, soll mitmachen dürfen! Dabei muss ich immer wieder bereit sein, den Qualitätsanspruch zu relativieren, aber doch das bestmögliche zu realisieren. Ein weites Feld. Da bleiben sicherlich auch zukünftige Entwicklungen abzuwarten.
G.L. Noch ein Schlusswort vielleicht aus Ihrem Munde. Seit über vierzig Jahren sind Sie nun als Musiker in verschiedensten Aufgaben für die Kirche tätig. Ist da vielleicht noch ein Appell, den Sie gerne loswerden möchten?
H.K. Das ist gar nicht so einfach. Ich möchte ermuntern. Die jungen Leute möchte ich ermuntern zu Engagement und Opferbereitschaft für die wichtige Sache "Musik in der Kirche". Wenn die Jugend nicht mitmacht, können wir nicht halten was wir haben! Das muss unser aller Mühen sein, diese Motivation zu schaffen.
G.L. Ich bedanke mich herzlich für die Redaktion von nak-nrw.de für dieses Interview.
Text
Günter Lohsträter
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