Sie nannten ihn „Papa Ghana“ weil er für die afrikanischen Geschwister wie ein Vater gesorgt hat. Vor 100 Jahren wurde Rudolf Schilling in Kassel geboren. Wie es zum Namen „Papa Ghana gekommen ist“ berichtete Apostel Isaac Kankam bei der Trauerfeier im Jahre 1993:
Meine lieben Brüder und Geschwister, ich stehe hier und trauere um den Apostel Schilling; ich stehe hier als der Sohn des Apostels Schilling. Er sagte mir einmal nach einem Gottesdienst an einem Karfreitag: „Ich hatte nie einen Sohn. Deshalb bist du mein Sohn." So bin ich hier und sage: „Mein lieber ,Vater', im Namen der Brüder und Schwestern in Afrika: Wir danken dir von Herzen. Wir werden uns in der Herrlichkeit wiedersehen!“
Diese Geschichte hatte sich sehr schnell herumgesprochen, und viele Geschwister sahen den Apostel fortan als ihren Vater an und nannten ihn auch so.
Sein Name lebt auch über seinen Ruhestand und Tod hinaus weiter, denn Bezirksapostel Saur benannte das erste in Ghana erbaute Krankenhaus der Neuapostolischen Kirche „Apostle Schilling Memorial Clinic“.
Wer noch einmal die warme Stimme des Apostels Schilling hören möchte, kann seine letzten Predigtbeitrag hier hören:
Nach seiner Ruhesetzung führte die Zentralredaktion der Zeitschrift „Unsere Familie“ ein umfangreiches Interview mit ihm, das im Jahreskalender 1983 erschienen ist und dass wir mit freundlicher Genehmigung des Bischoff Verlags hier folgen lassen:
„Ich bin stets nur Werkzeug gewesen …
„Alle Ehre gehört dem Herrn allein. Ich war stets nur ein Werkzeug in seiner Hand gewesen!“ Mit diesen Worten blickt der seit dem 23. September 19900 im Ruhestand lebende Apostel Rudolf Schilling aus Kassel auf sein Leben zurück. 42 Jahre diente er als Amtsträger, davon 14 Jahre als Apostel Jesu.
Über Stationen seines bewegten Lebens sprach er mit der Zentralredaktion (ZR) der Zeitschrift „Unsere Familie“ im Januar 1991.
ZR: Lieber Apostel, was können Sie uns sagen über Ihre Kindheit und Jugendzeit, welche Erinnerungen haben Sie an Ihr Elternhaus?
Apostel Schilling: Mein Vater ist in Thüringen in Hinternah bei Schleusingen geboren worden, hat seine Jugend dort, in einem Notstandsgebiet, verlebt und später in einer Glashütte als Glasschleifer gearbeitet. Als junger Mann ist er nach Kassel - man könnte sagen - ausgewandert. Richard Brand, ein Freund von ihm, der später mein Onkel wurde, war vier Wochen früher dorthin gekommen, um festzustellen, ob Arbeit und Wohnung zu bekommen sind. Er fand auch wirklich Arbeit als Glasschleifer und kam in Logis zu einer neuapostolischen Familie. Gleich zum nächsten Gottesdienst am Mittwochabend ging er mit in die kleine Versammlungsstätte - das Werk Gottes war ganz am Anfang in Kassel - und im übernächsten Gottesdienst, es war im September 1902, kam der Apostel Ruff in die Stadt. Als er fragte, ob jemand den Heiligen Geist empfangen wolle, ist Richard Brand aufgesprungen, ließ sich von niemanden zurückhalten und ist im dritten Gottesdienst, den er besuchte, versiegelt worden. Er schrieb an meinen Vater: „Ernst, komm hierher; hier gibt es Arbeit und Brot."
Mein Vater kam vier Wochen später, an einem Sonntagnachmittag, mit einem Persilkarton auf dem Bahnhof in Kassel an; es war brütend heiß. Sein Freund Richard hat ihn abgeholt und zu ihm gesagt: „Weißt du, Ernst, wir gehen erst mal in die Kirche." Mein Vater dachte: Na ja, das ist gar nicht schlecht, bei dieser Hitze in die Kirche zu gehen, da ist es kühl und an genehm; er war einverstanden. So marschierten die beiden die Bahnhofstraße runter, über den Lutherplatz in die Heinrichstraße, und da war in einem Hinterhaus in der zweiten oder dritten Etage die Versammlungsstätte der Apostolischen Gemeinde - so hieß das ja damals noch. Es war keineswegs angenehm kühl in diesem Raum, sondern mindestens ebenso heiß wie draußen. Aber mein Vater war nun einmal mitgegangen und erlebte dort den ersten Gottesdienst.
Er erzählte mir später, dass ihm von der Predigt nichts im Gedächtnis geblieben sei, nur der Chor hatte ihm gefallen; mein Vater war sehr musikalisch, und der Gesang hat ihn angesprochen. Deswegen ist er weiter mitgegangen und wurde schließlich neuapostolisch.
ZR: Wie haben sich Ihre Eltern kennengelernt?
Apostel Schilling: Meine Mutter ist als junges Mädchen von Veckerhagen an der Weser nach Kassel gekommen. Sie war in Stellung bei dem Baron von Dörnberg und wurde damals mit ihrer Schwester neuapostolisch. Eingeladen wurden sie beim Einkaufen in einem kleinen Kolonialwaren-Laden, der dem „Giese-Mariechen" gehörte. Sie war die Schwägerin des Hirten Wilhelm Kröner, der mit dem späteren Hirten Richard Brand zu den Kasseler Pionieren zählt. Das Giese-Mariechen, so nannten sie alle, hat niemanden in ihrem Laden bedient, ohne ihm Zeugnis zu bringen von der Neuapostolischen Gemeinde. Und dann ist meine Mutter mit der Tante da hingekommen, und das Giese-Mariechen hat sie eingeladen. Die beiden haben gesagt: „Na ja, wir gehen mal mit ... " Wann, hatten sie ja nicht gesagt. Das Giese-Mariechen hat sie aber gleich ‚festgenagelt': „Heute abend ist Gottesdienst, ich hole euch um sieben Uhr ab." Und so mussten sie noch am selben Tag in die Kirche, und meine Tante sagte später zu meiner Mutter: „Mariechen, Mariechen, jetzt haben wir Leute kennengelernt, die werden wir unser ganzes Leben lang nicht wieder los." Und so war es auch. Sie sind neuapostolisch geworden und waren glücklich.
Meine Eltern haben 1914, vor Beginn des Ersten Weltkrieges, geheiratet. Ihr erstes Kind, meine Schwester Ruth, starb allerdings im Alter von sechs Monaten. Mein Vater war im Krieg, kam zurück, und 1919 wurde ich in Kassel geboren. Später kam noch meine Schwester Lieselotte hinzu. Beide haben wir ganz bewusst das neuapostolische Elternhaus genossen. Mein Vater war viel unterwegs, wie das bei den Amtsträgern so war, doch meine Mutter hat sich sehr um uns gekümmert.
ZR: Was wissen Sie noch aus Ihrer Kinderzeit von dem Gemeindeleben damals?
Apostel Schilling: Nun, wir sind von klein auf dabei gewesen. Meine Mutter und meine Tante haben die Kirche saubergemacht; wir halfen dabei immer mit und hatten so manches schöne Erlebnis. Mein Cousin Robert, der Sohn des Hirten Brand, und ich, wir waren gleichaltrig. Einmal - unsere Mütter waren dabei, die Kirche zu reinigen - war Robert plötzlich verschwunden, und es schien ganz so, als würde er irgend etwas anstellen. Seine Mutter rief ihn: „Robert, wo bist du denn?", und er antwortete vom Altar her: „Hier, hier bin ich!" Und dann fragte meine Tante: „Und was machst du da?" „Ich esse Leib und Blut Jesu!"
Es war im Kindergottesdienst, wo ich eigentlich beeinflusst wurde, später zur Marine zu gehen. Der Onkel Heinz, unser Sonntagsschullehrer, hatte uns damals das Lied „Ein kleines Schiff war auf dem See ... " so lebendig nahegebracht, mit dem Tosen der Winde und dem Hochgehen der Wellen, dass ich schon als kleiner Junge davon beeindruckt war und seit dieser Zeit immer den Wunsch hatte, einmal zur See zu fahren. Na ja, und es ist tatsächlich so gekommen.
Später habe ich im Chor gesungen und auch Cello gelernt, nachdem ich zuvor schon auf der Violine geübt hatte. Mein Vater achtete sehr darauf. Es war mir später von Vorteil, dass ich ein Instrument spielen konnte.
ZR: Welchen Beruf haben Sie erlernt?
Apostel Schilling: Ich habe das Realgymnasium bis zur Obertertia besucht, und musste 1933 wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse - es war ja die Zeit der großen Arbeitslosigkeit - meine Schulausbildung abbrechen, weil meine Eltern das Schulgeld nicht mehr aufbringen konnten, und mir eine Lehrstelle suchen.
Der Bezirksälteste Isenberg, damals noch Hirte, war Amtmann beim Landeshauptmann, einer Behörde der Landesregierung. Damals gab es ja auch kaum Ausbildungsplätze, doch er besorgte mir eine Stelle, und ich absolvierte eine Lehre bei der Landesrentei II in Kassel am Ständeplatz. Ich wurde Verwaltungsangestellter, hatte aber immer noch den Wunsch, zur See zu fahren. Das bewog mich, einen Antrag zu stellen und mich bei der Marine zu bewerben.
Dort kam man nur unter, wenn man sich freiwillig gemeldet hat. Außerdem mussten noch alle möglichen Voraussetzungen erfüllt werden, um als Freiwilliger angenommen zu werden. Das war 1938, also noch vor dem Krieg.
Zuvor musste ich in ein Arbeitsdienstlager in der Rhön. Die dortigen Verhältnisse kann man sich heute kaum noch vorstellen.
Wir sollten dort, mitten im Winter, in einer Einöde einen Bach regulieren und hatten dazu nur den Spaten, eine Kreuzhacke und eine Flachschippe. Es gab wenig und dazu schlechtes Essen. Die Unterkünfte waren auch jämmerlich. Nachdem ich zwei oder drei Wochen dort war, wollte ich nur noch eins: weg!
Eines Tages kam ein Musikmeister; die Kompanie musste antreten, und er fragte, ob jemand ein Instrument spielen könnte. Mutig war ich schon immer und traute mir auch was zu. Ich meldete mich also, obwohl ich keine Ausbildung als Cellist hatte. Das meiste hatte ich mir selbst beigebracht und vieles von meinem Vater gelernt.
Nachdem ich dann mein Cello von daheim geholt hatte, wurde ich nach Schlüchtern versetzt und habe für den Rest meiner Zeit beim Arbeitsdienst nur noch Musik gemacht. Weil wir vor allem Militärmusik spielten, musste ich außer dem Cello auch noch ein Blasinstrument lernen.
Vom Musikmeister bekam ich ein Waldhorn in die Hand gedrückt. Am Sonntag drauf war in Schlüchtern Platzkonzert, und ich musste mich mit dazustellen. Mir wurde gezeigt, wie ich das Instrument halten sollte, und der Musikmeister sagte: „Aber wehe, es kommt ein Ton raus." Da habe ich dann markiert, so nannte man das, die Ventile gedrückt, und so getan, als würde ich mitspielen. Ich stellte später fest, dass andere auch markierten, aber ich habe das Spielen ganz schnell gelernt.
Dann, am 1. Juli 1938, begann für mich bei der Zweiten Marine Artillerie-Abteilung in Wilhelmshaven die Marineausbildung. Es war eine sehr schwere Ausbildung, wohl friedensmäßig, aber mit allem Zick und Zack.
Leider können wir das gesamte Interwiew wegen seiner Länge nicht als Fließtext hier abbilden. Sie finden es als PDF-Dokument unten in der Galerie!
ZR: Sie sind erst 1945 wieder nach Hause gekommen. Es war also ein sehr bewegter Abschnitt Ihres Lebens. Gab es in dieser Zeit Situationen, in denen Sie den Schutz unseres himmlischen Vaters in besonderer Weise erlebten?
Apostel Schilling: Sicher, die gab es. Zunächst blieb ich aber nach meiner Grundausbildung in Wilhelmshaven, dann wurde ich zur Kommandantur nach Cuxhaven versetzt, wo ich auch den Kriegsanfang 1939 erlebte.
Ich war dort in einer kleinen Gemeinde, wirkte im Chor mit und fühlte mich sehr wohl. Aus dieser Zeit rührt auch meine Liebe zu Cuxhaven, und die Verbindungen bestehen noch heute. Wir fahren jedes Jahr ein- oder zweimal dort hin. Die Gemeinde ist uns eine zweite Heimat geworden.
Bei der Kommandantur war ich in der Verwaltungslaufbahn der Marine tätig. In der dortigen Dienststelle haben wir uns um die Besoldung der Soldaten gekümmert und um alles, was eben zu ihrer verwaltungsmäßigen Betreuung gehörte.
Dann kam ich als Ausbilder zurück nach Wilhelmshaven und 1941 auf den Zerstörer Z 29. Auf diesem Schiff bin ich drei Jahre gefahren, bis 1944. Zunächst vor Norwegen, von da aus wurden wir nach Brest in Frankreich kommandiert...
Ende Juli 1945 wurden zuerst die deutschen Soldaten aus der englischen Zone entlassen. Dann hieß es eines Tages, dass die landwirtschaftlichen Arbeiter aus der amerikanischen Zone sich melden sollen, die könnten auch nach Hause. Wir hatten einen Garten, und da habe ich mir gedacht, ich bin auch ,,landwirtschaftlicher Arbeiter", und meldete mich.
Wir sollten mit dem Zug nach Marburg gebracht, und da entlassen werden. Der Zug hielt aber hier in Kassel an einem Signal. Von der Eisenbahnlinie bis zu unserem Haus waren es nur ungefähr zehn Minuten zu Fuß. Als der Zug dort anhielt, habe ich mir gesagt: Was willst du denn erst noch in Marburg; steig jetzt aus und geh heim. Das habe ich auch gemacht, und das war mein Glück. Denn die in diesem Zug saßen, sind alle noch zwei Jahre als Kriegsgefangene nach Frankreich in ein Bergwerk gekommen.
ZR: Also, kann man schon sagen, dass der liebe Gott es so gefügt hat, dass das Signal im richtigen Moment auf Halt stand ...
Apostel Schilling: Ganz gewiss, Ja, und dann kam ich heim. Es war der 1. August 1945. Als Reiseproviant hatten wir für drei Tage eine Büchse Leberwurst bekommen. Ich habe in den drei Tagen die Büchse nicht aufgemacht, denn ich wollte doch wenigstens etwas mit etwas mit nach Hause bringen, obwohl ich ja gar nicht wusste, ob das Haus noch da ist, ob meine Eltern noch leben. Ich hatte zwei Jahre keine Nachricht mehr erhalten.
Mein Vater war der erste, den ich gesehen habe. Das war ein Wiedersehen! - Wenn ich da heute noch dran denke - es war ein ganz großartiges Erlebnis. Meine Schwester kam aus dem Haus gesprungen, und ich fragte sie: „Wo ist denn die Mutter?" Sie sagte: „Sie ist unten auf dem Feld und liest Ähren." Es war ja Anfang August, die Ernte hatte begonnen, und meine Mutter war immer sehr darauf bedacht, zu sammeln und für die Familie zu sorgen.
Fast vier Jahre lange hatte ich keinen Gottesdienst besuchen können. Und als ich das erste Mal wieder hier im Gottesdienst war, damals in der Gemeinde Nordost, die Kirche war zum größten Teil zerstört, die Geschwister kamen in einem kleinen Raum zusammen, da war es mir, als ob ich nie weg gewesen wäre. Das kam aber daher, weil die Apostel, die Brüder für uns gebetet hatten. Wir sind im Glaubensleben nicht irgendwo stehengeblieben, sondern im Geiste mitgeführt worden. Mein Vater hatte mir ab und zu einmal einen Brief geschrieben und mir auch das Heilige Abendmahl, also Hostien, geschickt, obwohl das schwierig war; aber es entstand keine Lücke, sondern ich bin gleich wieder „mitten drin" gewesen. Die Brüder, die hier in Kassel dienten, unter ihnen der Priester Freudenberg, der Vater des Apostels Freudenberg, und der Priester Gück, haben meine Seele angesprochen. In den Gottesdiensten weinte ich von Anfang bis zum Ende vor innerer Bewegung und Ergriffenheit über das, was vom Altar kam. Und wenn ich daran denke, wie glücklich man war, wieder zu Hause zu sein!
ZR: Wann lernten Sie Ihre Frau kennen?
Apostel Schilling: Das war Buß- und Bettag 1945. Wir waren mit der Jugend im Firnsbachtal, und bei diesem Ausflug haben wir uns eigentlich das erste Mal so ein bisschen näher kennengelernt. Ich kannte meine zukünftige Frau zwar schon aus früheren Jahren, als ich in der Nähe des Ständeplatzes in der Landesrentei meine Lehre machte. Damals war Ruth des öfteren zum Rollschuhlaufen auf dem Ständeplatz gewesen.
Im März 1946 verlobten wir uns und im Juli wurde geheiratet. Der Mann meiner Cousine, er war klein und dick, hat mir zur Hochzeit einen Anzug geborgt. Ich war mehr so ein Strich in der Landschaft und 1,86 Meter groß. Ich musste die Hose ziemlich runterlassen, dass sie einigermaßen auf die Schuhe ging, und die Jacke war auch mehr breit als lang. So haben wir angefangen.
Dann haben wir das Haus wieder aufgebaut und wohnlich gemacht. Noch vor der Hochzeit hatte mich das Arbeitsamt dienstverpflichtet. Kassel war ein großer Trümmerhaufen. Doch schon bald habe ich mich darum bemüht, wieder bei meiner Dienststelle, beim Landeshauptmann, arbeiten zu können.
ZR: Das war, so könnte man sagen, die Wiederaufnahme der Arbeit im Natürlichen. Es kam aber auch sehr bald die Arbeit im Werk Gottes hinzu, als Sie als Unterdiakon den ersten Amtsauftrag empfingen.
Apostel Schilling: Ja, wir sind natürlich mit eingesetzt worden, haben Zeugnis gebracht, eingeladen; mein Vater war Bezirksevangelist, und der Bezirk Kassel war sehr groß, so dass es viel zu tun gab. Wir jungen Brüder sind auch da wieder in einer wunderbaren Weise neuapostolisch erzogen worden, wir waren gleich wieder mitten drin im Werk Gott es . Außerdem haben wir uns jede Woche im Freundeskreis zusammengefunden, um gemeinsam zu singen und zu musizieren. Wir waren glücklich, dass wir wieder zu Hause waren und auch in der Kirche, in der Gemeinde, wieder mitarbeiten konnten.
ZR: Ihrem Lebenslauf ist zu entnehmen, dass Sie, kurz nachdem Sie das Unterdiakonenamt empfangen haben, nach Wolfhagen versetzt wurden, wo nur eine Glaubensschwester wohnte. Wie war diese Pionierarbeit vor der eigenen Haustür?
Apostel Schilling: Also, ich bin eigentlich immer nur Werkzeug gewesen in der Hand des Herrn. Ich kann niemals sagen, dass ich aus eigener Kraft irgend etwas geschafft oder getan hätte, sondern muss sagen: Der Herr hat's getan. Ich habe mich gerne in seinen Dienst gestellt.
Ich besuchte das Verwaltungsseminar, wurde Verwaltungsinspektor beim Landeshauptmann und erhielt meine Versetzung nach Wolfhagen, wo ich eine Landesrentei als Landesrentmeister übernahm. In Wolfhagen gab es zu dieser Zeit, wie gesagt, noch keine Gemeinde. Das einzige Gotteskind dort war die ,Tante Lisa', die Schwester Kaufmann, die seit dem Krieg dort lebte, aber die Verbindung zum Werke Gottes verloren hatte. Meine Frau und ich sind jeden Sonnabend die etwa 30 Kilometer mit dem Zug von Wolfhagen nach Kassel gefahren, haben bei meinen Schwiegereltern übernachtet und kehrten am Sonntagabend wieder nach Wolfhagen zurück.
Eines Tages sagte mein Vater zu mir: ,,Also, wenn du jetzt nicht an fängst in Wolfhagen, dann gibt das niemals was mit der eigenen Gemeinde dort." Ja, was wollte ich anders machen. Ich fing an, Zeugnis zu bringen. In der Landesrentei hatte ich viele Kunden und Leute, mit denen man Berührung hatte. Die lud ich ein. Eines Sonntagabends kam mein Vater nach Wolfhagen und hielt den ersten Gottesdienst in unserer Wohnung. Wir besaßen damals nur ein Schlafzimmer und eine Küche. Und in der Küche fand der erste Gottesdienst statt. Außer meiner Frau und mir war die Tante Lisa gekommen, die eine Frau mit ihren beiden Söhnen, es waren Zwillinge, mitbrachte. Wir hatten also in dem ersten Gottesdienst schon drei Gäste.
Nach einem Jahr, während dem außer meinem Vater einige Brüder aus Kassel bei uns Gottesdienste hielten, kam der Bezirksapostel Buchner und versiegelte die ersten neun Seelen in Wolfhagen. Ein Jahr später, am 6. Dezember 1951 versiegelte er nochmals neun Seelen.
Am 1. Januar 1952 wurde aus dem Stützpunkt Wolfhagen eine Gemeinde. Ich kam im November 1950 ins Priesteramt und erhielt den Auftrag, als Vorsteher dieser neuen Gemeinde Wolfhagen zu dienen.
Die Landesrentei wurde aufgelöst, der örtliche Pastor, der uns nicht sehr freundlich gesonnen war, verkündete bei nächster Gelegenheit von der Kanzel: ,,Die Landesrentei wird jetzt dichtgemacht, und der Schilling verschwindet aus Wolfhagen; dann sind wir die Sekte los!"
Aber ich hatte schon vorher im gleichen Haus, eine Etage tiefer, da war eine Arztpraxis, das Sprechzimmer und das Wartezimmer für die Neuapostolische Kirche gemietet. Auch dabei habe ich die Hilfe Gottes wunderbar erlebt. Diese Räume waren als Wohnräume ausgewiesen, und es war eigentlich ausgeschlossen, sie als Kirchenräume zu nutzen.
Der zuständige Sachbearbeiter im Rathaus sagte mir: „Schlagen Sie sich das aus dem Kopf, es ist ganz unmöglich, dass Sie das für die Kirche bekommen." Ich habe das abends meinem Vater erzählt, und dann beteten wir zusammen. Am andern Morgen, kurz nach acht, klingelte in der Landesrentei das Telefon. Es war dieser Beamte von der Stadt, und er sagte: „Herr Schilling, ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, Sie können die Räume haben."
ZR: Wann sind Sie nach Kassel zurückgegangen?
Apostel Schilling: Das war Ende 1953. Ich bekam TBC und musste einige Zeit in der Lungenheilstätte verbringen. Anschließend wurde ich nach Kassel zurückversetzt und kam, weil eine Verwaltungsreform stattgefunden hatte, zur Finanzverwaltung ins Rechnungsprüfungsamt.
ZR: 1962 wurden Sie von der Finanzbehörde aus nach Wiesbaden versetzt. In dieser Zeit begann ja auch Ihre engere Zusammenarbeit mit dem Bezirksapostel Rockenfelder. Aus Ihrem Lebenslauf geht hervor, dass das für Sie doch eine sehr entscheidende, ja einschneidende Begegnung war:
Apostel Schilling: Er hatte uns mit seiner Art gleich gefangen genommen. Ich erinnere mich noch gut an den ersten Gottesdienst, den er in Kassel gehalten hat. Er war ein großartiger Apostel - so habe ich ihn kennengelernt.
ZR: Was hat Sie am meisten an diesem Knecht des Herrn beeindruckt?
Apostel Schilling: Es war vor allem sein Verhältnis zum Stammapostel Bischoff. Das war das, was mich vor allen anderen Dingen begeistert hat.
ZR: Wie lange waren Sie in Wiesbaden?
Apostel Schilling: Von 1962 bis 1967. Im Oktober 1966 kam ich in Wiesbaden ins Bezirksältestenamt. Im November wurde im Bezirk Bad Hersfeld der Bezirksälteste Isenberg zur Ruhe gesetzt, und eine Woche später der Bezirksälteste Schäfer in Kassel. Ich erhielt den Auftrag, beide Bezirke als Bezirksvorsteher zu betreuen. Ich bin ein ganzes Jahr freitags mittags in Wiesbaden weggefahren und am Sonntagabend wieder heimgekommen und habe versucht, von Wiesbaden aus die beiden Bezirke zu versorgen.
Leider können wir das gesamte Interwiew wegen seiner Länge nicht als Fließtext hier abbilden. Sie finden es als PDF-Dokument unten in der Galerie!
14. September 2019 - „Papa Ghana“ wird 100 – Geburtstagsständchen für Apostel Rudolf Schilling
14. September 2019
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