Versmold. Emotionen pur gab es am vergangenen Sonntag, 13. Januar 2019, in der Gemeinde Versmold: Die Gläubigen kamen zu ihrem letzten Gottesdienst im Kirchenlokal am Brüggenkamp 8 zusammen. Den Gottesdienst zur Profanierung hielt der Bezirksälteste Martin Gehrke.
Auch einen Gast stelle Martin Gehrke der Gemeinde vor: Die stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Versmold, Ulrike Poetter, war einer Einladung der Kirchengemeinde gefolgt. Sie betonte in ihrer kurzen Ansprache, dass die politische Gemeinde die Entwicklung der kirchlichen Gemeinde stets mit Wohlwollen verfolgt habe. "Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie mit einer gewissen Portion Traurigkeit in diesen Gottesdienst gekommen sind", sagte sie der Gemeinde. Sie wünschte den Gläubigen deshalb viel Mut und guten Erfolg für den Neuanfang an anderen Gemeindestandorten.
Profanierung
Nach kirchlichem Verständnis ist mit der Profanierung der Vorgang gemeint, der die kirchliche Nutzung eines Kirchengebäudes beendet, etwa wegen Gemeindeaufgabe, wie in Versmold,. Die Profanierung ist demnach das Gegenstück zur Kirchweihe. Staatskirchenrechtlich hat dieser Vorgang in Deutschland, den der Bezirksälteste in seinem Schlussgebet vollzog, die Wirkung einer so genannten "Entwidmung". Deutlich für die Gemeinde wurde das durch das Heraustragen der Bibel und der zwei Abendmahlskelche aus der Kirche in einen neutralen Raum.
Geschichte der Gemeinde
Die Geschichte der kleinsten Gemeinde im Kirchenbezirk Bielefeld reicht bis in das Jahr 1951 zurück. Damals kam der Peckeloher Erwin Weberschock, der später als Diakon der erste Amtsträger der jungen Gemeinde wurde, krankheitsbedingt ins Krankenhaus Gütersloh. Dort lernte er den Priester Rudolf Kamp, der mit ihm auf einem Zimmer lag, kennen. Prompt erhielt Erwin Weberschock von Kamp eine Einladung zu einem Gottesdienst in die neuapostolische Kirche Gütersloh - und folgte ihr wenig später.
Am 17. Juni 1951 wurde Erwin Weberschock und seine Familie in einem Gottesdienst mit dem Heiligen Geist versiegelt. "Die Aussaat für die Gemeinde Versmold war getan", sagte am Sonntag der ehemalige Gemeindevorsteher von Versmold, Priester in Ruhe Helmut Weinert. Er las beim Profanierungsgottesdienst die Kurzversion der Versmolder Gemeindegeschichte vor.
Erste Gottesdienste
Die ersten Gottesdienste fanden nur einmal pro Woche statt: Am Sonntagmorgen wurde zunächst in Räumlichkeiten der Volksschule Peckeloh eingeladen. Später kam die Gemeinde in einem Raum der Grundschule Versmold am Schwedengarten unter. Am 25. Juni 1984 wurde die Pflege der Gemeinde in die Verantwortlichkeit der Nachbargmeinde Gütersloh gelegt.
Am 12. Dezember 1984 wurde Helmut Weinert offiziell zum Gemeindeleiter (Vorsteher) beauftragt. Sein Bruder Gerd unterstützte ihn in seiner Arbeit. Zuvor hatte der AWO-Ortsverein Versmold der Kirche einen Raum zur Untermiete am Brüggenkamp überlassen. Doch schon ein Jahr später kündigte die AWO der Gemeinde diese Räumlichkeiten auf, um ihr im neu erworbenen Haus an der Altstadtstraße wieder als Untermieter eine neue Unterkunft anzubieten.
Neues Kirchenlokal hergerichtet
Im Februar 2005 fand der letzte Gottesdienst der Versmolder Gemeinde an der Altstadtstraße statt. Die Gemeindemitglieder zogen wenig später in ein umgestaltetes Ladenlokal am Brüggenkamp 8, dem heutigen Kirchenlokal, um. Dort wurden die Lokalitäten in Eigenarbeit den Erfordernissen der Gemeinde angepasst. Den Einweihungsgottesdienst hielt am 13. März 2005 Apostel Günter Wiktor aus Minden.
Für die ehemaligen Glaubensgeschwister aus Versmold geht es jedoch weiter. Sie werden in den umliegenden Gemeinden Halle-Werther, Quelle-Steinhagen, Dissen und Warendorf weiterhin die Gottesdienste besuchen. Intern bleiben sie auch über eine speziell für sie eingerichtete WhatsApp-Gruppe miteinander verbunden und versprachen, sich mehrfach im Jahr in Versmold zu treffen und Erinnerungen auszutauschen.
Text: Heiko Johanning / Bilder: Heiko Johanning und Gerd Weinert